Logistik im elektronischen Handel und das Problem der letzten Meile

2023/02/02

Die Zufriedenheit der Kunden mit dem Einkaufserlebnis wird von vielen Faktoren beeinflusst, dazu zählt auch der Komfort bei der Lieferung. Sie ist in jüngster Zeit zu einer der größten Herausforderungen für die E-Commerce-Branche geworden.

 

Obwohl dies die letzte Phase des gesamten Online-Einkaufsprozesses ist, wirkt es sich nicht nur auf das Image des Logistikunternehmens, sondern vor allem auf das Image des Online-Shops selbst aus und entscheidet oft über Wiederholungskäufe.

 

Die letzte Meile und die damit verbundenen Probleme

 

Die Logistik der letzten Meile ist der letzte Schritt auf dem Weg einer Bestellung zum Empfänger. Dieser Schritt ist für den Versender  (er kann 53 % des gesamten Prozesses ausmachen), aber auch am kritischsten und beeinflusst die Kundenzufriedenheit am stärksten .

 

Der Prozess, der als letzte Meile bezeichnet wird, besteht aus fünf Hauptphasen:

 

  1. Verpacken der Sendung und Eingabe in das Logistiksystem.
  2. Übergabe der Sendung an einen Lieferanten, z. B. einen Kurier.
  3. Transport der Sendung zum Lager des Lieferanten und Aufteilung auf die Kuriere.
  4. Verpacken der Sendung in das Auto des Kuriers und Transport zum Endkunden.
  5. Übergabe der Sendung an den Endkunden.

 

In diesem Prozess stoßen wir auf mehrere wichtigen Elemente, die sowohl für den E-Einzelhändler als auch für das Transportunternehmen problematisch sein können.

 

Erwartungen der Kunden

 

Das erste Problem sind die Erwartungen der Kunden, die sehr unterschiedlich sind. Außerdem werden sie von Jahr zu Jahr höher. Schauen wir uns diese Erwartungen also genauer an.

 

Laut dem Bericht „E-Commerce in Polen 2022“ (Gemius, Polish Internet Research und IAB Poland) ist den Kunden nicht mehr nur die schnelle Lieferung einer Bestellung wichtig, sondern auch die Bereitstellung verschiedener Lieferformen, aus denen der Kunde diejenige auswählen kann, die für ihn zu einem bestimmten Zeitpunkt am bequemsten ist. Hinzu kommt die Abholung des Pakets, der ebenfalls je nach demvariiert, was bevorzugt wird.

 

Seit mehreren Jahren entscheiden sich die Kunden am ehesten für die Zustellung an einen Inpost-Paketautomaten (81 %) und übertreffen damit im Jahr 2022 sogar die Kurierdienste um 38 Prozentpunkte. Diese Präferenzen unterscheiden sich nicht signifikant zwischen Altersgruppen oder zwischen Männern und Frauen. Dies ist sicherlich auf die intensive Expansion von Inpost und die steigende Anzahl von Paketautomaten in ganz Polen zurückzuführen.

 

Auch die Art und Größe des Produkts hat einen wichtigen Einfluss auf die Wahl der Liefermethoden (und möglicher zusätzlichen Dienstleistungen). Es ist unwahrscheinlich, dass Möbel oder Haushaltsgeräte in einen Paketautomaten passen. Zudem erwarten die Kunden nicht nur, dass das Produkt nach Hause gebracht, sondern auch, montiert oder installiert wird. Bei vielen Kurierdiensten ist dies eine kostenpflichtige Zusatzleistung. Dabei stellt sich die Frage, wer dafür bezahlen soll: dass Online-Shop oder der Kunde?

 

Große Geschäfte, die auf dem Markt einen guten Ruf haben, bieten oft eine kostenlose Lieferung an, aber alles, was über die Lieferung des Produkts an die Haustür hinausgeht, wird extra berechnet. Bei euro.com.de ist zum Beispiel die Lieferung eines Geschirrspülers kostenlos, doch für das Heranbringen, Nivellieren und Aufstellen fallen zusätzliche Kosten an, deren Höhe sich nach dem Umfang der Dienstleistung richtet.

 

Den Kunden ist es auch wichtig, dass das Paket pünktlich zu dem beim Kauf angegebenen Zeitpunkt zugestellt wird und dass sie in Echtzeit über den Stand der Bearbeitung und Zustellung ihrer Bestellung informiert werden.

 

Häufig werden die Kuriere für Lieferverzögerungen verantwortlich gemacht. Doch werden die folgenden Probleme von den Kunden nicht berücksichtigt:

  • eine falsch angegebene Adresse oder ein neues Gebäude, das noch nicht per GPS geortet werden kann,
  • Abwesenheit des Empfängers,
  • kein Parkplatz.

 

Die Erfüllung der aufgeführten Erwartungen ist für die Zufriedenheit der Kunden mit der Transaktion sowie für Wiederholungskäufe und Weiterempfehlungen von großer Bedeutung.

 

Hohe Kosten

 

Die letzten Phasen der Auftragsabwicklung sind oft auch am teuersten. Dies wird von vielen Faktoren beeinflusst, einschließlich derer, die mit den Erwartungen der Kunden und Verzögerungen zusammenhängen, nämlich:

  • die Schwierigkeit, die Adresse des Empfängers ausfindig zu machen und sich in der Gegend zu orientieren,
  • Suchen nach einem Parkplatz,
  • zusätzliche Zustellversuche, wenn der Empfänger nicht zu Hause ist.

In Großstädten kommen noch Staus, vor allem zur Hauptverkehrszeit, oder Unfälle auf den Straßen hinzu. Nicht unerheblich ist auch, dass die Kraftstoffpreise stark angestiegen sind.

 

Hohe Kosten werden auch durch die kostenlose Lieferung verursacht, die in vielen Fällen bereits zum Standard geworden ist. E-Konsumenten sind daran gewöhnt, dass sie für die Lieferung nicht bezahlen müssen. Eine kostenlose Lieferung bedeutet jedoch nicht, dass niemand dafür zahlt. Gehen die Kosten nicht dem Kunden zulasten, so werden diese in der Regel vom Einzelhändler getragen. Laut Digital Commerce 360 sind 68 % der befragten US-Verbraucher in der Lage, auf den Kauf zu verzichten, wenn keine kostenlose Lieferung angeboten wird.

 

Beschädigte Pakete und Rücksendungen

 

Es kommt auch vor, dass der Zeitdruck bzw. die große Anzahl von Paketen im Lieferfahrzeug die Verpackung beschädigt. Natürlich sind es manchmal die Kuriere, die sich nicht um die beförderten Waren kümmern. In der Regel ist es nicht ihr böser Wille, sondern Zeitdruck oder normale menschliche Bedürfnisse – es ist klar, dass sie nicht von morgens bis abends oder ohne Pausen arbeiten wollen.

 

Darüber hinaus erschwert die Möglichkeit, gekaufte Waren zurückzusenden, die Logistik und erhöht die Kosten des gesamten Prozesses. In vielen Ländern ist die Möglichkeit zur Rückgabe gesetzlich vorgeschrieben, was von den Kunden oft missbraucht wird. In Polen hat der Kunde mindestens 14 Tage Zeit, ein Produkt zurückzugeben, aber viele Geschäfte verlängern diese Frist auf bis zu 100 Tage, um den Kauf zu fördern. Darüber hinaus ist der Verkäufer verpflichtet, die dem Kunden zuvor entstandenen Portokosten zu erstatten – glücklicherweise nur bis zu dem Betrag, der der billigsten in seinem Angebot verfügbaren Versandoption entspricht.

 

Ausbau der letzten Meile

 

Die Verbraucher sind zunehmend offen für Online-Einkäufe außerhalb ihres eigenen Landes.

„Cross Border eCommerce – Opportunity or Threat“ berichtet, dass 63 % der Online-Käufer mindestens einmal im Monat im Ausland einkaufen.

 

Dies hat enorme Auswirkungen auf die Verlängerung der Lieferstrecke und damit auf Zeit und Kosten. Dieses Phänomen wird auch durch die geografische Ausdehnung von Feiertagen (z. B. Single Day) oder lokalen Kampagnen bestimmter Marken (z. B. Prime Day von Amazon) unterstützt.

 

Für Einzelhändler ist eines der Hindernisse für die internationale Expansion die Logistik. Über dieses Problem berichten 59 % der Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind. Zu diesen Schwierigkeiten gehören die hohen Kosten für die Bearbeitung von Rücksendungen und Sendungen sowie die Lagerung.

 

Auswirkungen auf die Umwelt

 

Die Zunahme der Online-Einkäufe während und nach der Pandemie hat die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Umweltauswirkungen durch Lieferungen auf der letzten Meile noch deutlicher vor Augen geführt. Nicht nur das in die Atmosphäre freigesetzte Kohlendioxid, sondern auch die Verpackung der in den Müll geworfenen Pakete hat negative Auswirkungen auf die Umwelt. Darüber hinaus führt die wachsende Beliebtheit von Lebensmitteleinkäufen übers Internet zu einem Anstieg der Kühlemissionen, da verderbliche Produkte schlichtweg gekühlt transportiert werden müssen. Und das bedeutet einen höheren Energieverbrauch und den Abbau der Ozonschicht durch die Kühlchemikalien.

 

Die Lösung dieses Problems ist nicht so einfach, wie es scheinen mag, da sich die Kunden einerseits die schnellstmögliche Lieferung wünschen und andererseits von den Marken und Online-Shops, bei denen sie Kunden werden, einen pro-ökologischen Ansatz erwarten. Es ist schwierig, hier die goldene Mitte zu finden und trotzdem den Haushalt im Griff zu behalten. Denn einerseits kann ein Geschäft in umweltfreundliche Paketverpackungen investieren, andererseits bedeutet die Erfüllung der Kundenerwartungen an eine sofortige Lieferung, dass die Lieferwagen nicht voll beladen sind.

 

Transport von ungewöhnlichen Gegenständen

 

Die Verbraucher kaufen auch Waren online, die groß sind, ungewöhnliche Formen haben und besondere Vorsichtsmaßnahmen erfordern. Dazu gehören zum Beispiel Möbel, Glas und große Kronleuchter oder Fitnessgeräte.

 

Wie bereits erwähnt, stellen sie ein weiteres Problem der Logistik auf der letzten Meile dar, zumal es für viele Kunden (88 % der Befragten, E-Commerce in Polen 2022) sogar zum Standard gehört, diese Produkte nach Hause gebracht zu bekommen. Die Kunden erwarten nicht nur die Lieferung, sondern auch die Montage oder Installation.

 

Daher sollten die E-Tailer überlegen, ob und wie sie diese Dienste anbieten können. Dies wird sich nicht nur auf die Kundenzufriedenheit und den Umsatz auswirken, sondern auch auf die Kundenbindung.

 

Für Online-Shops mit einer eigenen Kurierflotte ist es keine große Herausforderung, diese Erwartungen zu erfüllen.Noch schwieriger wird es allerdings, , wenn externe Spediteure eingesetzt werden. Logistikdienstleister berechnen für den Transport und die Lieferung von nicht standardisierten Gütern mehr.Montage oder Installation kommt eher nicht in Frage.

 

Je nach Unternehmen unterscheiden sich kundenspezifische Sendungen durch bestimmte Parameternwie z.B. Abmessungen, Gewicht oder Form.

 

Bei DHL gelten zum Beispiel folgende Sendungen als nicht standardmäßig :

  • unregelmäßig geformte Waren in einer anderen Verpackung als ein rechteckiger Karton oder Schachtel/ Behälter einer maximalen Größe  von 120 x 60 x 60 cm, z. B. Versandrolle
  • zerbrechliche und empfindliche Waren,
  • die Notwendigkeit, die vertikale Ausrichtung zu gewährleisten.

 

Bestimmte Warengruppen können je nach Produkt für Standard- oder Nichtstandard-Sendungen in Frage kommen.

 

Waren, die nicht der Norm entsprechen oder besonders zerbrechlich sind, erfordern eine besondere Verpackung. Zum einen lassen sich viele davon nicht in Standardkartons verpacken, zum anderen besteht das bereits erwähnte Problem der Beschädigung oder vollständigen Zerstörung von Waren.

 

Expresslieferungen, bei denen die Kuriere mit dem Fahrrad oder dem Motorroller unterwegs sind, stellen ein zusätzliches Problem dar. Daher sollten wir Produkte mit nicht standardisierten Formen oder solche, die groß und schwer sind, von der Option der Expresslieferung ausschließen, wenn wir nicht sicher sind, ob sie mit einem Lieferfahrzeug transportiert werden können.

 

Wie lässt sich das Problem der letzten Meile lösen?

 

Das Problem der letzten Meile wird im elektronischen Handel schon seit langem diskutiert. Wie Sie vielleicht schon erraten haben, wurden bereits einige Ideen und Lösungen entwickelt, um die Auswirkungen dieses Problems sowohl für den Kunden als auch für den Lieferanten zu verringern.

 

DHL hat das FAD-Modell entwickelt, um die Kosten auf der Anbieterseite zu senken und gleichzeitig den Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden und damit die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.

 

In diesem Modell unterscheiden wir:

 

  1. Flexible Netze – d.h. eine Zunahme der Anzahl von Lager- und Logistikflächen, die sich häufig um große Städte herum konzentrieren. Amazon zum Beispiel plant die Eröffnung von 1.000 kleinen Lieferzentren in Städten und Vororten in den USA. Diese sind für den Prime Now-Service bestimmt, für Kunden, die sich eine Lieferung am selben Tag wünschen.

 

Kleinere Organisationen kaufen zusätzliche Lagerflächen oder lagern ihre Lieferungen an externe Logistikzentren aus.

 

Eine andere Lösung ist die Zustellung von Paketen an Sammelstellen und Paketautomaten, wie z. B. die Inpost-Paketautomaten in Polen. Es gibt Vorteile für beide Seiten. Einerseits kann der Kurier viele Pakete zeit- und kostensparend an einem Ort abgeben, andererseits gewinnt der Kunde Flexibilität hinsichtlich der Abholzeit (rund um die Uhr bei Paketautomaten oder während der Öffnungszeiten von Abholstellen) und kann auch eine Abholstelle auf dem Weg zur Arbeit oder zur Schule wählen.

 

Viele Transportunternehmen schließen Verträge mit Ketten von Schreibwarengeschäften oder Zeitungskiosken ab, wodurch sich die Zahl der Abholstellen erhöht und diesen Geschäften gleichzeitig potenzielle Kunden zugeführt werden.

 

Flexible Netze verkürzen und rationalisieren nicht nur die letzte Meile, sondern erleichtern auch die von immer mehr Kunden bevorzugte Expresszustellung.

 

  1. Automatisierung und virtuelle Realität, die sowohl die Betriebskosten als auch die Erstattungskosten senken.

 

Die Automatisierung verlagert einen Teil der sich wiederholenden Aufgaben auf Maschinen. Darüber hinaus wird die Auslieferung von Bestellungen in Zukunft wahrscheinlich von autonomen Fahrzeugen übernommen werden: Drohnen oder unbemannte Fahrzeuge, die unter anderem von Walmart und Amazon bereits getestet wurden.

 

Die virtuelle Realität verringert das Risiko von Warenrücksendungen. IKEA hat sich dies zunutze gemacht. Mit der App können Kunden jeden Bereich ihrer Wohnung scannen und ein passendes Möbelstück aus dem Sortiment des IKEA Einrichtungshauses auswählen.

 

  1. Die Datenverwaltung und -verarbeitung in Echtzeit ermöglicht eine optimalere Routenplanung für die Kuriere, die so viele Pakete wie möglich ausliefern können, ohne zwischen entfernten Punkten hin und her zu fahren.

Ein Beispiel hierfür ist DHL, die geografische Kartendaten in Echtzeit verwendet. So kann das Unternehmen den Verkehr in Echtzeit überwachen und die Fahrten beispielsweise bei Staus oder Unfällen umleiten. Neben der Datenverwaltung in Echtzeit kommen hier auch künstliche Intelligenz und Cloud Computing zum Einsatz. Die Einführung dieser Technologie hat DHL zu einer Produktivitätssteigerung von 20 – 40% verholfen.

 

Es ist erwähnenswert, dass Informationen über den Standort des Kurierdienstes und der Pakete die Wahrscheinlichkeit verringern, dass ein Paket verloren geht, und dass es leichter zu finden ist, falls es verloren geht. Es erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde zu Hause angetroffen wird, wenn er das Paket verfolgen kann. Damit sinkt das Risiko, dass ein erneuter Zustellversuch unternommen werden muss.

 

 

Logistik im elektronischen Handel und das Problem der letzten Meile, ☉We Are Virtua

Foto: FAD vorgeschlagen von DHL.

 

Was den Umweltschutz betrifft, so könnten die Geschäfte Rabatte für Kunden in Betracht ziehen, die sich bereit erklären, länger auf die Lieferung zu warten. Man kann den Kunden auch einfach danach fragen.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Problem der letzten Meile viele Bereiche umfasst, in denen die Herangehensweise der Unternehmen an die Einführung moderner Technologie und Prozessautomatisierung eine große Rolle spielt.

 

Investitionen in Technologien, die ein Datenmanagement in Echtzeit, eine intelligente Routenplanung und eine Sendungsverfolgung ermöglichen, sparen nicht nur Zeit, sondern auch die anfallenden Kosten, so dass sich die Investition bereits kurzfristig auszahlen kann. Außerdem müssen Sie diese Lösungen nicht selbst entwickeln, denn es gibt bereits Lösungen auf dem Markt, die genau für diesen Zweck entwickelt wurden, wie Onfleet, Stuart und Deligoo.

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